Dark Light

Ich habe erst gerade das Buch «Die Kunst des guten Lebens – 52 überraschende Wege zum Glück» von Rolf Dobelli gelesen und obwohl ich das Buch wirklich nur weiterempfehlen kann (wirklich!), habe ich mir doch noch einige Zeit den Kopf über die beiden Kapitel «Die Weltveränderungsillusion I+II» zerbrochen.

Dobelli schreibt, dass es eine grosse Illusion sei zu denken, dass man als Einzelner die Welt verändern kann. Denn die Projekte, denen wir alle unsere Aufmerksamkeit schenken, scheinen uns viel grösser und bedeutender als sie es in Wirklichkeit sind. Global betrachtet ist unser Vorhaben ziemlich unwichtig. Grosse Erfinder und Weltverbesserer seien vor allem einfach nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen, denn wenn die Weltgeschichte etwas ist, dann unprognostizierbar und zufällig. Auch grosse Durchbrüche in der Wissenschaft sind nicht nur Produkt eines guten Forschers, denn alles was es zu entdecken gibt, wird früher oder später entdeckt – egal von wem. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass die Welt nur auf einen gewartet hat, denn schlussendlich sind wir nur eine Ameise in einem sehr sehr grossen Ameisenhaufen. Wer die Welt verändern will, wird also früher oder später enttäuscht, denn sollte diese Veränderung eintreten MÜSSEN, dann wird sie es auch ohne uns.

Diese Worte trafen mich wie ein Schlag, schliesslich heisst die Rubrik, in der ich diesen Blogpost gerade hochgeladen habe «Lass uns die Welt retten». Ich habe mich immer an dem Gedanken festgeklammert, dass man eben doch als Einzelner etwas verändern kann. Vielleicht sogar die Welt retten, so romantisch das auch klingt. Eine andere Sichtweise zuzulassen war schwierig für mich.

Die Frage ist nun doch, sollte der Gedanke, dass man «doch sowieso nichts gross verändern kann/wird» wirklich unser Handeln und vor allem unser Denken bestimmen? Ich weiss, das Kapitel des Buches wollte mir mitgeben, dass ich in meinem Leben nie eine so grosse Veränderung bewirken werde, dass die Erde erzittert, alles Schlechte wie Schuppen abfällt und Menschen und Tiere im Einklang mit der Natur über eine grüne Bergwiese hüpfen werden. Trotzdem verpasste mir die Lektüre einen kleinen aber nicht belanglosen Dämpfer.

Aber ich sage «NEIN!», denn ich weigere mich diese Einstellung anzunehmen und ich werde so lange ich denken kann, versuchen die Welt zu verbessern. Auch wenn das einzige was ich je bewirken werde, ist dass ich dabei ein besserer Mensch geworden bin. Und das solltest du auch tun, egal was dein Ziel für dein Leben ist. Eine meiner besten Freundinnen will nach ihrem Maschinenbaustudium ein Start-Up gründen und die Welt retten. Und JA, das soll sie tun – rette die Welt! Ich habe so viele Menschen kennengelernt, die an der Nachhaltigkeitswoche der Zürcher Universitäten so viel Zeit in die Aufklärung der Menschen zum Thema Nachhaltigkeit und Lösungsfindung gesteckt haben, wie wir unser Handeln doch noch ein bisschen nachhaltiger gestalten können. Im Alltag und in kleinen, aber eben doch wesentlichen Schritten. Denn gäbe es all diese Menschen nicht, die verrückt genug sind zu denken, dass sie die Welt retten könnten, dann wäre unsere Erde ein schlechterer und ziemlich trauriger Ort.

Was mich dazu motiviert hat diesen Blogpost zu schreiben, will ich euch natürlich auch nicht vorenthalten: Mit 16 Jahren wurde Boyan Slat (er hat 94er Jahrgang!) auf das Problem des Plastikmülls in den Ozeanen aufmerksam. Er hatte die Idee, dass man doch mit einem passiven System das Plastik nach und nach aus den Meeren fischen könnte. Obwohl viele seine Idee nicht nur kritisierten, sondern auch als unmöglich quittierten, gründete er mit 18 «The Ocean Cleanup». Und jetzt, gerade einmal 5 Jahre später, wurde sein erstes Müllauffangsystem «System 001» auf den Pazifik geschickt. Der Müllsammler soll zunächst in der kalifornischen Küste für 2 Wochen getestet werden und wird dann in den Nordpazifikwirbel geschleppt. Slat hat sich vorgenommen mit seiner Firma bis zum Jahr 2040 ganze 90% des Plastiks aus den Ozeanen zu fischen. Und wenn das kein Weltverbesserer ist, dann weiss ich auch nicht. Ja würden Slat, seine Firma und sein Team nicht so hart an diesem Projekt arbeiten, dann würde es vielleicht ein anderer tun. Aber viel besser lässt es sich doch schlafen, wenn du weisst, dass genau DU alles getan hast um ein besserer Mensch zu sein.

Wie das Ocean Cleanup Projekt genau funktioniert, findet ihr im Video da unten:

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2 comments
  1. Das Dobelli im Bezug auf Weltveränderung offensichtlich nicht weiß wovon er redet, mag seiner geschichtlichen Unkenntnis geschuldet sein.
    Seine Begründung der “Weltveränderungsillusion” strotzt nur so von historischen Fehlern und Missdeutungen.
    Die von ihm zitierten Entwicklungen waren alle visionsgetrieben. Solche Visionen entstehen manchmal singulär oder auch parallel an verschiedenen Orten gleichzeitig. Es geht oft darum ferne Ziele durch neue Ideen und dann multipliziert per sozialer Selbstorganisation anzustreben.
    Und diese Transformationsmechanismen haben sich seit dem Altertum kaum verändert.
    Darüberhinaus ignoriert Dobelli die Bedeutung der christlichen Kirchen wie auch die Lehre Christi als Visionsmotor für die Transformationen der letzten Jahrhunderte.
    Er folgt dem Muster übrigens Daniel Kahneman, der am Ende seines Buches “Schnelles Denken, langsames Denken” gesellschaftliche Entwicklungen der letzten 100Jahre in den USA völlig ignoriert. Dort werden sehr wohl Leitungs- und Kommunikationsfähigkeit, in Anlehnung an christliche Vorbilder, in vielen gesellschaftlichen Organisationen, quasi als Massenphänomen trainiert. Das wird hier nur in Europa weitgehend ignoriert.
    So kommt es das ein Dobelli solch haltlosen Unsinn verzapft und wir hier in Europa entsprechend viel weniger Umgesetzt bekommen.
    Dobelli zählt damit zu den paralysierenden Stimmungsmachern, die dafür sorgen, daß Europa nicht so richtig vom Fleck kommt und quasi alle bedeutenden ökonomischen Entwicklungen der letzten Jahre verpasst.

    1. Grüezi Herr Jenner

      Vielen Dank für den Denkanstoss. Ich habe ihren Kommentar mit grösstem Interesse gelesen. Das Buch “Schnelles Denken, langsames Denken” steht nun schon eine Weile auf meiner Leseliste. Sollte ich es endlich mal gelesen haben, werde ich gerne an Ihre Kritik zurückdenken. Vielen Dank.

      Jatina Schumacher

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