«Wenn allen klar wäre, dass Chilenen wegen den Avocados ohne Wasser leben müssen, dann müsste Europa aufhören Avocados zu importieren.»
Mit diesem Satz beginnt die neue Weltspiegel-Reportage «Avocado – Umweltkiller Superfood», welcher nur zu gut die Missstände in Chile beschreibt. So lecker und gesund die Avocado zu sein scheint, so zerstörerisch ist ihr Import in die Schweiz für die Umwelt und die Menschen der Produktionsländer. Ein kleiner Faktenüberblick zum beliebtesten Superfood unserer Zeit;
Sie ist reich an ungesättigten Fettsäuren und eine wahre Vitaminbombe, zu welchen unter anderem die Vitamine A und E zählen. Ausserdem ist sie reich an Antioxidantien und soll den Cholesterinspiegel positiv beeinflussen. Jaja, dass die Avocado äusserst gesund ist, wissen wir längst. Doch wie ungesund sie für unseren Planeten ist, ist eher unbekannt. Vielleicht verdirbt dieser Blogeintrag dem einen oder anderen den Appetit auf diese exotische Frucht. Es wäre nicht schade drum.
4 Stunden Recherche-Arbeit, nur für eine einzige Frucht. Was dabei herausgekommen ist, hat mich nicht nur erschüttert, sondern mir auch die Augen geöffnet. Sorry meine liebe gesunde Avocado, du kommst mir nicht mehr auf den Teller.
Ich versuche mich kurz und prägnant zu halten, was ist denn nun das Problem mit der Avocado?
Der Wasserverbrauch:
Die Produktion von 1kg Avocados verbraucht sage und schreibe 1’000L Wasser! 1kg? Das sind doch viele Früchte? Nope, das sind gerade einmal 2.5 Avocados (eine einzige Frucht hat also einen Wasserverbrauch von rund 400L). Zum Vergleich, 1kg Kartoffeln haben einen durchschnittlichen Wasserverbrauch von 290L. 1kg Tomaten benötigen lediglich 180L.
Die Pestizidbelastung:
200-500L des Wasserverbrauches beruhen auf dem Frischwasser, mit welchem die Avocados getränkt werden. 500-1’000L werden alleine benötigt um die Pestizide zu verdünnen, welche dann dafür sorgen, dass der Baum in Ruhe gedeihen kann. Diese Pestizide und Düngemittel sickern in den Boden und verpesten dann das Grundwasser bzw. das Trinkwasser. Ausserdem sind sie schlecht abbaubar und bleiben in der Natur eine (zu) lange Zeit bestehen und gefährden somit das Ökosystem.
Die Reichen werden immer reicher:
Chile ist eines der grössten Avocado-Exporteure, welches den grössten Teil seiner Plantagen in der Provinz Petorca stehen hat. Aufgrund der Wasserknappheit (ausgelöst durch den grossen Durst der Avocados) mussten die kleinen Farmen den grossen Konzernen weichen, da die Kleinbauern ihre Pflanzen schlichtweg nicht mehr tränken konnten. Das Wasser für die Menschen ist so knapp, dass die ärmere Bevölkerungsschicht durch staatliche LKW’s mit Wasser versorgt werden müssen. Die grossen Firmen hingegen pumpen aufwendig das Grundwasser ab. In Chile ist das Wasser nämlich kein Allgemeingut, sondern ein Wirtschaftsgut, welches sich im Privatbesitz befindet und womit gehandelt werden kann. Die Staaten vergeben Wasserrechte auf Lebenszeit, welche dann teuer weiterverkauft werden können. Die Reichen verdienen sich mit dem Wasser eine goldene Nase, während die arme Bevölkerung allmählich verdurstet. (Mehr dazu findet man in der Reportage von Weltspiegel.)
Illegale Abholzung:
40% der weltweit angebauten Avocados findet man im Bundesstaat Michoacán in Mexiko. Hier finden ständig illegale Abholzungen des Waldes statt, pro Jahr werden 1’500-4’000 Hektar Wald gerodet (das sind bis zu 5’600 Fussballfelder!). Durch die Rodungen verlieren nicht nur Tiere ihren Lebensraum, die ökologische Vielfalt weicht ausserdem immer mehr den überdimensionierten Monokultur-Plantagen. Die Böden sind völlig verpestet und ausgelaugt und bekommen keine Zeit mehr um sich zu erholen. Ich glaube es ist klar, dass eine solche Ausbeutung unserer Umwelt nicht lange gut gehen kann. Das Ökosystem wird früher oder später kollabieren.
Die Mafia:
Bleiben wir in Mexiko. Tancítaro gilt als die Avocado-Hauptstadt im Bundesstaat Michoacán, hier werden täglich Avocados in einem Wert von 1 Million Dollar abtransportiert. Logisch, dass sich da auch andere eine Scheibe abschneiden wollen. Zum Beispiel die Drogenbarone. Sie fordern von den Farmern nicht nur Schutzgeld, nein, die Avocado-Bauern werden entführt, misshandelt, gefoltert und getötet. Alles nur für das «grüne Gold».
Die Asiaten:
Der Avocado-Konsum wächst hier immer weiter und weiter. In Asien hat man jedoch erst begonnen, auf den Geschmack dieser leckeren Frucht zu kommen. Obwohl China im Jahr 2012 noch «wenige» 154 Tonnen Avocados importierte, schnellte die Zahl innerhalb von 4 Jahren auf stolze 25’000 Tonnen im Jahr 2016! Die erhöhte Nachfrage nach Avocados in asiatischen Ländern, wird in Zukunft noch grössere Umweltprobleme mit sich bringen.
Der Transport:
Der Übersee-Transport der Avocados von Mexiko nach Rotterdam in den Niederlanden dauert 26 Tage (also fast einen Monat). Die Früchte werden in speziellen, strombetriebenen Containern auf das Schiff verfrachtet. Neben dem immensen ökologischen Fussabdruck, den diese lange Reise sowieso schon mit sich bringt, werden die Avocados in ihren Containern bei einer konstanten Temperatur von 6°C gelagert. Die einmonatige Sicherstellung von konstanter Temperatur, Luftfeuchtigkeit und CO2-Gehalt benötigt extrem viel Energie. Ausserdem ist die Avocado eine sehr empfindliche Frucht. Um dunkle Flecken auf der Reise zu vermeiden, wird eine Menge Polster- und Verpackungsmaterial benötigt. Dadurch entsteht Abfall und noch mehr Abfall. Im Zielland angekommen, werden die Früchte in spezialisierten Reifekammern mit Ethen begast um ihren Reifeprozess zu beschleunigen, natürlich wieder bei optimierter Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Ein hoher Energieverbrauch, nur damit wir unsere Avocado «essreif» im Laden kaufen können.
Food-Waste:
Wem ist das nicht selbst schon mal passiert. Die Avocado ist steinhart und muss noch bisschen reifen. Sobald man sie dann aber essen will, ist sie bereits braun und matschig. Die Frucht landet dann im Müll. Unnötig. Noch viel schlimmer sind die grossen Mengen an Avocados, die im Supermarkt-Regal vergammeln und nicht mehr gekauft werden. Ich bin mir sicher, ein Grossteil der Avocados findet nie den Weg in unsere Mägen.
Die steigende Nachfrage:
Ja, man soll alles in Massen geniessen. Schön und gut, die Importzahlen der Schweiz zeigen aber alles andere als «in Massen» (Quelle: NZZ am Sonntag). Der Import hat sich von 2010 auf 2016 mehr als verdoppelt. Bitte chillt mal und esst regionales Gemüse. Ist auch gesund und viiiieel besser für unsere Umwelt 😉
Erschreckend, nicht? Was können wir also tun? Die radikalste Version wäre natürlich gleich komplett auf Avocados zu verzichten. Wer das nicht tun möchte, dem lege ich ans Herz einfach ab und zu seinen Einkauf zu überdenken. Vielleicht braucht es nicht zu jedem Salat eine Avocado und nicht bei jedem Filmabend Guacamole. Und kauft auch mal die Bio-Avocados. Ja sie sind teurer und ja sie sind kleiner. Ihr werdet aber einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass unsere Erde ein bisschen weniger ausgebeutet wird. Da die meisten Bio-Lebensmittel so gut wie nicht pestizidbelastet sind, wird auch weniger Wasser benötigt und der Boden bleibt gesünder. Und ihr auch.
Quellenangaben:
Weltspiegel-Reportage «Avocado – Umweltkiller Superfood»
Huffingtonpost «Wie die Umwelt unter dem weltweiten Avocado-Boom leidet»
Zeit Online «Das Märchen von der guten Avocado»
NZZ am Sonntag «Fluch der Avocado»
Umweltnetz Schweiz «Avocado – Gesund für den Körper jedoch nicht für die Umwelt»
SRF «Avocado – Trend-Frucht mit miserabler Ökobilanz»
Sehr guter Text. Hat mich zum nachdenken angeregt und werde dies anderen Leuten teilen. Es ist wichtig das wir entlich beginnen nachhaltig zu leben und nicht immer nur davon reden. Dieser Text zeigt wie unbewusst wir heutzutage unser Essen konsumieren. Danke 🙂
Ich danke dir! 🙂
Lg Jatina
Hallo Rapsolut Genial Team
Ich habe leider nicht ganz verstanden, warum die Avocado so durschtig ist.
Bis dahin werde ich mein Leben weiterhin nach folgendem Lebensmotto ausrichten;
You can’t make everyone happy, you’re not an avocado.
In diesem Sinne wünsche ich einen Avocadotastischen Tag <3
Liebe Michaela
Danke für deinen Kommentar! Der grosse Wasserverbrauch der Avocado setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, einerseits hat der Avocado-Baum einen sehr hohen Wasserbedarf um zu wachsen und essbare Früchte zu bilden und andererseits sind die Bäume extrem empfindlich und müssen mit Pestiziden behandelt werden. Diese Chemikalien müssen ebenfalls mit Wasser verdünnt werden. Migros, Coop, usw. führen ja mittlerweile Avocados aus Spanien. Auch die brauchen immens viel Wasser, jedoch fällt da der lange Transportweg weg ? Die sind also schon eine viel bessere Alternative.
Ich wünsche dir auch einen “avocadotastischen” Tag! ?
Jatina
Guten Tag Jatina
Vielen lieben Dank für deine ausführliche und verständliche Begründung. Ich werde ab sofort auf Avocados verzichten und dafür Rindfleisch verzehren, weil ich glaube, dass Kühe nicht so durschtig sind.
Freundliche Grüsse
Michaela Grütter
Liebe Michaela
Das ist ein gutes Stichwort, die Kuh ist sogar noch “durschtiger” als die Avocado. Ein kg Rindfleisch benötigt in der Produktion 15’000L Wasser, damit könntest du 100x ein Vollbad nehmen. Wie du siehst, darf man fast nichts mehr essen, um ethisch korrekt zu handeln. Ich empfehle dir deshalb einen Brennesselsalat (http://brennnesselpflanze.de/brennesselsalat-roh/). Den könntest du dann zum Beispiel mit Tom essen, das Rezept reicht für 2 Personen.
Ganz liebe Grüsse und ich hoffe ich konnte dir behilflich sein
Jatina
Ich bin grundsätzlich damit einverstanden, dass es Probleme bei der Produktion gibt. Ich finde es jedoch sehr schade, dass hier (mindestens beim Thema CO-2 Emissionen nicht richtig recherchiert wurde. Lokal produzierte Erdbeeren haben einen höheren CO-2 Ausstoss als die verschifften Avocados pro Kilo.
Hallo Ueli
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar.
Auf die schnelle habe ich eine Studie der ETH gefunden, welche den Klimaeffekt von Schweizer Erdbeeren auf 0.14 CO2-Äquivalenten pro kg Früchte schätzt (https://www.wwf.ch/sites/default/files/doc-2018-02/2017-02-Studie-Fruechte-und-Gemuese-Oekobilanz_0.pdf). Wobei diese Meta-Analyse von 369 Studien (https://core.ac.uk/download/pdf/76958641.pdf) bei den Erdbeeren (unabhängig von Produktionsstandort) auf durchschnittlich 0.58 CO2.eq/kg kommt und für die Avocados eine Durchschnitts-CO2 Emission von 1.3 CO2.eq/kg berechnet. Mal ganz davon abgesehen, dass wir die Avocados nicht lokal produzieren können, sehe ich da schon einen nicht geringfügigen Unterschied. Vielleicht hast du andere Quellen, welche das Gegenteil belegen, das würde mich sehr interessieren.
Ich freu mich auf deine Antwort und wünsche dir ein schönes Wochenende
Jatina